Ohrenschmaus mit Patina: A Love Supreme

Schellack-JazzAlles was ein Mann braucht, ist eine Zigarette und ein Solo von John Coltrane!1

Ich bin Jazzfan2 und es gibt ein ganz bestimmtes Album, welches sehr ursächlich für meine Jazz-Begeisterung ist. Das epochale A Love Supreme von John Coltrane. Diese Scheibe hat mich zum Jazz geführt und ich höre sie mit kontinuierlicher Regelmäßigkeit und mit immer noch wachsender Begeisterung. Dass ich daneben auch alles andere von und mit John Coltrane mit Lust und Liebe höre, sei hier nur am Rande erwähnt. Für mich persönlich ist das Saxophon das zentrale Jazzinstrument schlechthin (Sorry Miles!) und nicht viele konnten es so virtuos einsetzen wie John Coltrane. Deswegen möchte ich allen Jazzinteressierten, die A Love Supreme noch nicht kennen, dieses Meisterwerk ans Herz legen!

John Coltrane: A Love Supreme

A Love Supreme


“All praise be to God
to whom all praise is due”

John Coltrane war wohl einer der innovativsten Jazzmusiker seiner Zeit. Als Bestandteil des Miles Davis Quintet von 1955-1956 und 1958-1960 wirkte er an zwei besonderen Aufnahmen von Miles Davis mit: Milestones und Kind of Blue. Vor allem Kind Of Blue wäre ohne “Trane” nicht dieses bahnbrechende Album geworden (das ist meine sehr persönliche Meinung). In den 60er Jahren gründete er das John Coltrane Quartet, das neben dem Miles Davis Quintett zu einer der einflussreichsten Formationen seiner Zeit werden sollte. Ab Mitte der 60er Jahre wandte sich John Coltrane dem Free Jazz zu und hat diesen maßgeblich mit definiert. John Coltrane starb 1967 mit noch nicht mal 41 Jahren an Leberkrebs – viel zu früh, er hätte sicher noch sehr viel zur weiteren Entwicklung des Jazz beizutragen gehabt. Wer sich ausführlicher informieren will, klickt hier (englisch).

A Love Supreme ist John Coltranes Loblied auf Gott. Es ist der Versuch, Gott zu danken, dass er ihn aus seiner Heroinsucht herausgeführt hat. Die Bewältigung von Persönlichkeitskrisen durch Religiosität scheint ja unter Musikern weit verbreitet zu sein….

Das Album ist eine Suite aus vier Teilen:  Acknowledgement (Anerkennung), Resolution (Entschluss), Pursuance (Streben),  Psalm (Psalm).  Am bekanntesten ist sicher das Acknowledgement wegen seiner letzten 3 Minuten, in denen Coltrane mit seinem Saxophon das musikalische Leitmotiv immer wieder in unterschiedlichen Tonarten wiederholt, um dann in eine Art hypnotischen Sprechgesang überzugehen, der nur die Worte “A Love Supreme” wiederholt. Auch ich bin zuerst über diese Stelle auf das Album aufmerksam geworden.

A Love Supreme ist stilistisch schwer einzuordnen.  Es befindet sich schon sehr nahe am Free Jazz, aber durch das enge und durchstrukturierte Korsett, in dem sich die vier Musiker bewegen, kann man es eigentlich noch nicht dem Free Jazz der 60er zuordnen. Es gilt als Album des sogenannten Modal Jazz, einer Übergangsphase vom Cool Jazz und Hardbop der 50er Jahre zum Free Jazz. Die Anerkennung des Modalen Jazz als eigene Stilrichtung ist unter Experten allerdings sehr umstritten.

A Love Supreme ist aber auf jeden Fall ein intensiver Ausdruck von Coltranes Suche nach neuen Ausdrucksformen im Jazz, die ihn auch veranlasst hatte, 1960 das Miles Davis Quintett zu verlassen. A Love Supreme ist nach My Favourite Things die nächste wichtige Stufe von Coltranes Entwicklung, die dann zum wegweisenden Free Jazz Album Ascension führt. Es ist auf jeden Fall ein Meilenstein in der Entwicklung des modernen Jazz! Und der Jazz klingt auch noch toll!

Meine Bewertung: 6 von 5 Sternen!

Credits A Love Supreme/John Coltrane3

Erscheinungsjahr: 1964
Besetzung:
John Coltrane, Tenorsaxophon
McCoy Tyner, Klavier
Jimmy Garrison, Bass
Elvin Jones, Schlagzeug

Nachtrag: Wem Jazz aus den 60ern vielleicht etwas zu “klassisch” oder “freejazzig” ist: Es gibt auch eine sehr gelungenen Coverversion des Acknoledgement von Carlos Santana und John MacLaughlin auf ihrem Album Love Devotion Surrender von 1972. Die ist etwas mehr “Fusion”.

Update: Das ganze Album gibts auch auf Youtube

 
  1. Soll ein Zitat aus einem Film von Jean-Luc Godard sein. Ich konnte bis jetzt leider nicht herausfinden, aus welchem. []
  2. Ach was? []
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