Wochenstart mit Jazz

Wochenstart mit Jazz

Ich hatte mich vor einigen Wochen im Wochenstart schon mal lobend über Cindy Blackmann-Santana ausgelassen und dabei erwähnt, dass sie auch Ihren Göttergatten trommelnd unterstützt. Und ihr Göttergatte macht viel zu selten zusammen mit John McLaughlin Musik. Genauer gesagt Jazz. Und zwar Fusionjazz. Und zwar richtig guten!

Deswegen also heute Santana und Mclaughlin mit “The Life Divine”, welches erstmalig 1973 auf dem genialen, von beiden Gitarrenmeistern aufgenommenen Album “Love Devotion Surrender” erschienen ist1.

Santana und Mc Laughlin feierten 2011 in Montreux unter dem Motto “Invitation To Illumination” eine Art kleine Wiederveinigung und spielten neben dem ganzen “Love Devotion Surrender” auch noch ein paar andere Songs. Sehr hörenswert!. Und Madame Blackmann-Santana trommelt auch hier wieder, dass einem die Ohren übergehen….

 

 
  1. Merkt man, dass die Scheibe eine meiner absoluten Fusion-Favoriten ist? Muss ich hier mal ausführlicher drüber schreiben. Hatte ja schon lange keinen Ohrenschmaus mit Patina mehr…. []
 

Ohrenschmaus mit Patina: A Tribute To Jack Johnson

Schellack-Jazz

Miles Davis is one who writes songs when he plays. (Gerry Mulligan)

Nachdem ich hier letztens das Loblied auf John Coltrane gesungen habe, darf ich jetzt einen anderen Genius das Jazz nicht vernachlässigen – natürlich den großen Miles Davis!

Selbstverständlich finden sich diverse Meilensteine des großen Innovators in meiner Musiktruhe, Birth Of The Cool, Milestones, Kind Of Blue, In A Silent Way und natürlich das epochale Bitches Brew. Allerdings ist mein persönliches Lieblingsalbum von Miles Davis eine seiner, zumindest kommerziell, weniger erfolgreichen Aufnahmen:

A Tribute To Jack Johnson

A Tribute To Jack Johnson


I’m Jack Johnson, Heavy Weight Champion of the World. I’m black and never let me forget it. I’m black, alright! And never let them forget it!

A Tribute To Jack Johnsen ist Miles Davis Folgealbum zu Bitches Brew, jenem berühmten Werk das als Initialzündung des Jazzrock, genauer gesagt des “Fusion-Jazz” gilt.

War in den 50er Jahren der Jazz noch die Musik einer intellektuellen “Protest-Jugend”, so hatte sich das Anfang der 60er Jahre geändert. Rock and Roll, Folk, Beat und die Rockmusik der späten 6oer hatten den Jazz aus den Hitparaden und auch aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit verdrängt. Die aufbegehrende Jugend hörte lieber Dylan, Beatles, Stones, Doors und Co.. Aus diesem Grund suchte Miles Davis ab Mitte der 60er Jahre nach neuen Formen, um den Jazz auch für die Hörer von Beat und Rock wieder attraktiv zu machen. Davis strukturierte das Miles Davis Quintett mehrmals um und experimentierte mit den elektrisch verstärkten Instrumenten des Rock. Er holte sich Musiker wie den österreichischen Keyboarder George Zawinul, den späteren Mitgründer von Weather Report, und John Mac Laughlin, den wohl bis heute wegweisendsten Gitarristen des Fusion-Jazz in die Band. Das Ergebnis dieses Prozesses erschien 1969: In A Silent Way. Dieses Album ist nicht nur Miles Davis kompletter Bruch mit den damals aktuellen Jazz-Konzepten, sondern gilt auch als eines der ersten Fusion-Alben. Davis verschmolz gekonnt den Jazz und Rock zu etwas völlig Neuem. Das besondere an diesem neuen Stil war nicht nur das ungewohnte Instrumentarium, sondern auch die große (Improvisations-) Freiheit, die den einzelnen Musikern bei den Aufnahmen zugestanden wurden.

Meilenstein des modernen Jazz

1970 veröffentlichte Miles Davis dann jenes Album, welches als Initialzündung für den Fusion Jazz/Jazzrock gilt und in seiner an Meilensteinen nicht armen Discographie eine besondere Stellung einnimmt: Das Doppelalbum Bitches Brew. Laut eigenen Angaben wurde Davis zu diesem Album durch das Woodstock Festival beeinflusst. Noch mehr als beim Vorgängeralbum steht bei Bitches Brew die freie Improvisation der mitspielenden Musiker und die Verwendung elektrisch verstärkter Instrumente im Vordergrund. Neu für den Jazz ist auch die intensive Nachbearbeitung der Aufnahmen im Tonstudio – Miles Davis nutzt die Möglichkeiten der modernen Tontechnik jetzt  genauso kreativ wie musikalische Techniken. Auch heute noch wirkt die Platte lebendig, mitreißend und modern. Es ist bis zu diesem Zeitpunkt auch seine kommerziell erfolgreichste Aufnahme und brachte ihm seine erste goldene Schalplatte und ersten Grammy ein. Wer mehr über das “Schlampen-Gebräu” erfahren möchte, das Album hat einen ausgiebigen Wikipedia-Eintrag.

A Tribute to Jack Johnson

Ich höre In A Silent Way und Bitches Brew in regelmäßigen Abständen1, aber meine Lieblingsaufnahme aus dieser Schaffensperiode ist A Tribute to Jack Johnson. Es handelt sich hierbei nicht um ein  reguläres Studioalbum, sondern um die Filmmusik zu einem Dokumentarfilm über den schwarzen Boxer Jack Johnson, von 1908 bis 1915 der erste farbige Weltmeister im Schwergewicht.

Das Album besteht aus den zwei Songs “Right Off” und “Yesternow”, die jeweils eine Seite der Vinyl-Aufnahme bilden. Weitaus mehr als bei den beiden Vorgängern wurde Studiotechnik eingesetzt, beide Songs sind aus unterschiedlichen Mitschnitten und Aufnahmen zusammen gesetzt. Kleine Besonderheit: Ein Teil von “Yesternow” ist um eine leicht geänderte Basslinie des James Brown-Songs “Say It Loud – I’m Black and I’m Proud” herum aufgebaut. Eine sicherlich von Miles Davis beabsichtigte Anspielung auf die “Black-Power” Thematik des Films. Darüber hinaus bezeichnete Miles Davis James Brown (neben Sly Stone) als einen seiner wichtigsten musikalischen Einflüsse in dieser Zeit.

A Tribute To Jack Johnson war kommerziell weniger erfolgreich als sein Vorgänger, gilt unter Kritikern aber als die künstlerisch wertvollere Aufnahme. Einer Meinung, der ich mich uneingeschränkt anschließe. Bitches Brew hatte das Glück die erste Veröffentlichung seiner Art zu sein und einen grundlegenden, bis heute wirkenden Stilwechsel im Jazz auszulösen. A Tribute To Jack Johnson dagegen ist das Album in dem Miles Davis über die reine Experimentierphase schon hinaus ist. Die elektrischen Instrumente werden ganz selbstverständlich eingesetzt, die neuen Improvisationstechniken und die Auflösung der Trennung von “Frontline” und “Rhythmusgruppe” sind den Musikern vertraut. Meiner Meinung nach herrscht bei diesem Album die Freude am Spiel und den neuen Techniken vor und macht das Album eingängiger und “durchhörbarer”. Wer nicht mit dem Fusion Jazz der 70er Jahre vertraut ist und sich einhören möchte, dem empfehle ich deshalb A Tribute To Jack Jonsohn als Einstieg.

Und wenn am Schluss von Yesternow ein Zitat des Schauspielers Brock Peters2 erklingt, bekomme ich manchmal immer noch eine kleine Gänsehaut:

“I’m Jack Johnson, Heavy Weight Champion of the World. I’m black and never let me forget it. I’m black, alright! And never let them forget it!”

Meine Bewertung: 5 von 5 Sternen!

Credits: A Tribute to Jack Johnson3

Erscheinungsjahr: 1970
Besetzung:
Miles Davis: Trumpet
Steve Grossmann: Soprano Saxophone
Herbie Hancock: Organ
John McLaughlin: Guitar
Michael Henderson: Electric Bass
Billy Cobham: Drums

 
  1. und mit Genuss! []
  2. der Jack Johnson im Film verkörpert []
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