Wetter! Wetter! Wetter!

Ich klicke morgens nach dem Aufstehen als erstes immer die Glotze mit dem Morgenmagazin der Öffentlich-Rechtlichen an.

Das mache ich jetzt bestimmt seit über 15 Jahren so. Das hat den einfachen Grund, dass ich die morgendlichen “Formate” der Radiosender nicht ertrage und mir um 6 Uhr die “Guten Morgen, wir sind ja alle sooo gut drauf und jetzt kommt ein Hit aus den 80ern, 90ern oder sonstwoher” Moderatoren Brechreiz verursachen.

Brechreiz aber ist etwas, auf das ich direkt nach dem Aufstehen ohne Probleme verzichten kann und das seit meinem 30 Lebensjahr nicht einmal mehr am Neujahrsmorgen vorkommt. Deshalb lieber fast-seriöses, öffentlich-rechtliches Programm als Hintergrundbeschallung, während ich Tee koche, auf dem Balkon eine rauchen gehe und mich dabei auf Twitter durch Nacht- und Morgentweets wühle.

Heute morgen habe ich aber nach einer Stunde Morgenmagazin ernsthaft damit geliebäugelt, den Fernseher auszumachen und das Radio mit “Antenne irgendwas” einzuschalten. Der heutige Programmablauf lässt sich nämlich folgendermaßen zusammen fassen:

Xaver! Xaver! Müssen wir jetzt alle sterben? Hoppla, Nelson Mandela ist ja schon gestorben! Xaver! Irgendwas mit Sport! Nachrichten mit Xaver, Springflut-Bildern oder was Reporter dafür halten und Nelson Mandela! Wetterbericht live aus irgendeinem Sturmtiefzentrum! Und weiter geht es mit Xaver! Orkan! Springflut! Xaver! Hurra wir leben noch aber Nelson Mandela ist leider tot! Live Reportage aus irgendeinem Sturmtiefzentrum! Live-Reportage von einem bedauerlicherweise nicht gebrochenen Deich! Und weiter geht es mit mit Xaver!

Wenn es nicht so makaber wäre, hätte man über Nelson Mandelas Tod eigentlich glücklich sein müssen. Das ersparte einem nämlich mindestens eine weitere Live-Schaltung, in welcher ein Reporter irgendwo in Norddeutschland am Meer steht und in Regen und Kälte zum fünften Mal mitteilen muss, dass es eigentlich gar nicht so schlimm gekommen aber trotzdem irgendwie doch schlimm ist mit diesem Orkan. Ihr wisst schon, das 5 Minuten “Wichtig-Gefasel” von Journalisten, die nur wissen, dass sie nichts wissen, weil eigentlich nichts Dramatisches passiert ist.

Na gut, ich sitze bequem in Süddeutschland und rede mir leicht. Bei uns war der Sturm nur ein bisschen heftiges Wehen mit 2 Millimeter Neuschnee. Halt! Es ist doch was passiert! BREAKING NEWS: Die Europalette neben meinem Carport ist umgefallen!

Ich habe mich dann schnell in die Nasszelle verzogen und das Frauchen bei ihrer Morgengymnastik mit den aktuellen Orkan-Berichterstattungen alleine gelassen.

Da ich heute Mittag einen Termin im “Draußen” hatte, habe ich dann noch das gemacht, was ich im Winter immer mache: Ich habe mich warm angezogen. Das reicht nämlich in Süddeutschland völlig aus, um diese brutalen, grimmigen und mörderischen Winter ohne große Blessuren zu überstehen.

Online-Medien hab ich mir heute geschenkt! Klickstrecken mit verwackelten Sturmbildern hätten mir wahrscheinlich den Rest gegeben. Und wie ich gerade eben beim Kietzneurotiker lesen konnte, war das wohl eine weise Entscheidung.

Weil ich jetzt beim Schreiben irgendwie vergessen habe, worauf ich eigentlich hinaus wollte, abschließend nur eine kurze Frage: Wann hat das mit dieser Wetterhysterie eigentlich angefangen? Seit wann ist Wetter so ein unglaubliches Ereignis? Ich kann mich nämlich noch dumpf an Zeiten erinnern, in denen man das Wetter der jeweiligen Jahreszeiten als etwas gegebenes und völlig normales wahrgenommen hat und Wetterberichte sich auf 45 Minuten Sekunden am Ende der Tagesschau beschränkten. Und wenn über schlimmes Wetter berichtet wurde, dann war das wirklich schlimmes Wetter! Aber irgendwas ist seitdem passiert. Nur was?

Warum ich das blogge? Weil mich dieser Medien-Bohei nervt! Und ich an die Fabel von dem Jungen der immer Wolf schrie denken muss. Was machen die eigentlich, wenn es mal richtig schlimm wird? Und ich habe Angst, dass die Prognosen der Klimaforscher eintreffen und wir uns dann auf 24/7 -Berichterstattungen übers Wetter einstellen müssen.